Die Nacht über schliefen wir nicht so gut – immer, wenn wir uns umdrehten, wachten wir auf, weil die Kissen und Bettwäsche so sehr nach Schimmel rochen. Um 06:00 Uhr brachte uns der Shuttlebus zum Flughafen – für 07:00 Uhr hatten wir unseren Flugplan aufgebeben. Der Flughafen war noch im Tiefschlaf, aber irgendjemand kontrollierte unser Gepäck und ließ uns aufs Rollfeld.
Der Tanklaster kam wie versprochen um 06:30 Uhr. Wir tankten D-GCOB randvoll und nahmen in unserem Ferry-Tank noch 150 l zusätzlich mit. Der Flug nach Kiribati geht 1.300 NM über den Pazifischen Ozean und für unser Routing war leichter Gegenwind angesagt. Um 07:13 rollten wir auf die Piste 26 und hatten ein bisschen Herzklopfen, ob unser kleines Flugzeug so überladen noch gut abheben wird – eine gute Premiere für den Flug zwischen Hawaii und Monterey. Aber D-GCOB flog ohne Probleme – sie hievte sich zwar ein wenig langsamer auf FL130 aber alles bestens.
Bei gutem Wetter und Gegenwind um die 10 Knoten flogen wir also Richtung Kiribati. Unterwegs sahen wir rechts und links einige Gewittercumulanten aber unser Routing führte uns glücklicherweise um diese herum. Mit unserem HF-Funkgerät bekamen wir dieses Mal keinen Kontakt – möglicherweise war unsere Batterie schon zu schwach – dafür machten wir aber „every hour on the hour“ über das Sattelitentelefon unseren Positionsreport.
Nach knapp neun Stunden kam dann endlich Kiribati in Sicht. Ein riesiges Atoll bestehend aus weißem Sand, Kokospalmen und türkisblauem Wasser – wunderschön. Wir funkten den Tower an, bekamen aber keine Antwort. Wir wunderten uns zwar, da wir aber sowieso keine andere Wahl hatten, setzten wir unseren Sinkflug fort und funkten alle paar Minuten erfolglos weiter. Vielleicht ist Cassidy wie manche Plätze in Australien ein unkontrollierter Platz? Im Finalapproach bekamen wir plötzlich Funkkontakt mit einem sehr aufgeregten Tower – irgendwie hatte uns keiner erwartet.
Nachdem wir geparkt hatten, kam eine sehr verwunderte Flughafenmanagerin zu uns und wollte unsere Landegenehmigung sehen. Etwas steif vom Flug suchten wir unsere noch gestern ergatterte Landegenehmigung raus. Alle waren sehr verwundert – der Flughafen hatte nicht gewusst, dass wir kommen, war wohl aber schnell auf die Positionen gerannt, als sie ein kleines Flugzeug über der Insel sahen. Irgendwas schien in der Kommunikationskette falsch gelaufen zu sein – nur unsere Unterkunft wartete schon mit einem Auto auf uns, obwohl wir gar keinen Transfer bestellt hatten. Da es auf Kiribati aber weder Taxis noch Busse gibt, scheint das hier selbstverständlich.
Da weder die Immigration noch irgendein Sicherheitsbeauftragter am Flughafen war, guckten sie nur halbherzig in unsere Pässe und ließen uns zu unserem Abholdienst. Wir wurden unglaublich freundlich von dem Besitzer unseres Hotels Timei und seiner Tochter begrüßt. Sie fuhren uns zu unserer Unterkunft über ein Atoll, dass eigentlich nur aus Sand, Palmen und Lagunen bestand. Unterwegs durften wir noch ein paar Dinge einkaufen und Geld abheben und sahen einen phantastischen Sonnenuntergang über dem Meer.
Die Unterkunft war sehr einfach, aber sauber und alle waren sehr sehr bemüht um uns. Wir bekamen ein selbstgekochtes Essen und unterhielten uns lange mit Simon, einem Helikopter Piloten aus Dänemark der mit seinem Helikopter beim Thunfischfang tätig ist. Abends gab es noch eine kalte Dusche – Kiribati hat noch kein warmes Wasser – und dann ging es früh zu Bett.
Der nächste Tag startete mit üppigem Frühstück, bei dem wir gefragt wurden, ob wir die neuen Missionare seien – es gibt reichlich Kirchen auf Kiribati, die viele private Schulen betreiben. Da es in unserer Unterkunft kein Internet gab und auch das Internet über Telekom gar nicht funktionierte, bekamen wir von Timei sein kleines Motorrad geliehen, mit dem wir zu einem kleinen Vodafonladen fuhren – der einzige Ort auf der Insel, der zuverlässiges WLAN hat. Auf ein paar Betonresten in der prallen Äquatorsonne machten wir also unsere Flugvorbereitung, kontrollierten das Wetter und gaben unseren Flugplan für den nächsten Tag auf. Zurück in der Unterkunft hatten wir einen verpassten Anruf von der deutschen Flugsicherung, irgendwas schien mit unserem Flugplan nicht in Ordnung. Da wir auch kein Netz hatten, fuhren wir zurück zu Vodafone und riefen bei der Flugsicherung an. Die konnten unseren Flugplan nicht aufgeben, da keinerlei Kontaktdaten zum Flughafen auf Kiribati existierten. Da wir sowieso zum Flughafen mussten, um unsere Landegebühren zu bezahlen, beschlossen wir dort auch direkt den Flugplan aufzugeben.
Auf dem Weg besuchten wir noch das Büro der Immigration. Hier fanden wir zwar niemanden der uns behilflich sein konnte, aber alle anderen Leute wussten, dass wir diejenigen seien, die mit einem kleinen Flugzeug gelandet waren – anscheinend waren wir Inselgespräch.
Beim Flughafen angekommen wurden wir zur Flughafenmanagerin gebracht. Wir baten darum, dass unser Flugplan aufgegeben und der Tanklaster noch einmal benachrichtig wird – wir hatten zwar eine Bestätigung von World Fuel Service aber sicher ist sicher.
Danach ging es mit dem Motorrad zurück. Unterwegs guckten wir uns ein wenig die Umgebung an. In den Dörfern lebten die Menschen in kleinen Häusern aber außerhalb sind die Hütten größtenteils nur aus Palmenblättern und Stämmen zusammengezimmert. Die Landschaft ist ein Paradies – wie auf einer Postkarte – nur weißer Sand, Korallenstückchen, Palmen und türkisblaues Wasser und überall laufen tausende Krebsen rum. Auf der Insel leben um die 8.000 Menschen und alle sind unglaublich freundlich, familiär, helfen sich gegenseitig und haben unendlich viel Zeit.
Am Nachmittag hatten wir dann genug Sonne – am Äquator hat diese so eine Kraft – und fuhren zurück zu unserer Unterkunft. Dort entspannten wir ein wenig im Schatten, schauten uns am Abend den Sonnenuntergang an und gingen früh zu Bett. Morgen geht’s dann weiter nach Hilo – wieder acht Stunden übers Wasser. Wir haben den Aufenthalt auf Kiribati wirklich genossen, ganz besonders wegen der unglaublichen Freundlichkeit der Menschen. Es ist unglaublich, je weniger die Meschen haben, desto mehr und je selbstverständlicher sind sie bereit etwas zu geben. Wir wurden in unserer Unterkunft so freundlich aufgenommen, durften einfach das Motorrad leihen, die Familie hätten uns überall hingebracht und hat uns alle Wünsche erfüllt. Auch wurden wir auf der Straße angesprochen, ob wir Hilfe brächten oder ob man uns irgendwo hinbringen könnte. Wir wären gerne noch ein paar Tage länger geblieben. Leider wird das Wetter in den nächsten Tagen schlechter. Auch ist ein erneuter Besuch wahrscheinlich fast unmöglich, da nur ein bis zweimal die Woche ein Flugzeug von den Fidjis hier landet – also tschüss du kleines Paradies. Hoffentlich gibt es dich trotz des Klimawandels noch ganz lange.